20 Jahre Arbeitskreis Heimatgeschichte St. Leon-Rot, ein Rückblick

Der Arbeitskreis Heimatgeschichte St. Leon-Rot kann in diesem Jahr auf sein 20-jähriges Bestehen zurückblicken. Er wurde am 19. Juli 2001 gegründet. Die Covid-19- Situation lässt leider keine Jubiläumsveranstaltung zu, obwohl eine solche aufgrund der bisherigen Aktivitäten ihre Berechtigung gehabt hätte.
Schon bei der Einrichtung des Heimatmuseums  St. Leon-Rot hat der Arbeitskreis zu dessen Konzept und Gestaltung mit seinen Vorschlägen und Ideen wesentlich beigetragen. Das 2003 im alten Rathaus St. Leon eröffnete und vom Institut für Kulturvermittlung Rottenburg eingerichtete Museum wurde 2007 mit einem Hauptpreis  beim Wettbewerb „Vorbildliches Heimatmuseum“ des Arbeitskreises Heimatpflege/Regierungsbezirk Karlsruhe ausgezeichnet. „Eine moderne Dokumentationsstätte, die wegweisend ist“, zitierte Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle die Jury bei der Preisverleihung vor Ort.

Die Auszeichnung verdienter Mitglieder mit der „Ehrennadel des Arbeitskreises Heimatpflege/Regierungs-bezirk Karlsruhe“  bestätigt die Wertschätzung der bisher geleisteten Arbeit durch amtliche Stellen auf dem Gebiet der Heimatforschung und Dokumentation,  der Mundart und der Organisation der jährlichen Sonderausstellungen im Museum. Träger der Ehrennadel sind die Mitglieder Karl Froschauer ✝︎, Willi Steger und Kuno Schnader, Carmen Gehrlein und Emil Klevenz kommen  im Jubiläumsjahr hinzu.

Der aus 12-15 Mitgliedern bestehende Arbeitskreis ist längst zu einem wichtigen Kulturträger der Gemeinde geworden. Die Mitglieder sind mit Ausnahme der Angehörigen der Gemeindeverwaltung  ehrenamtlich tätig. Die Geschäfte des Arbeitskreises sowie die Museumsverwaltung werden beim Haupt- und Ordnungsamt der Gemeindeverwaltung geführt. Vorsitzender des Arbeitskreises ist Bürgermeister Dr. A. Eger. Die Koordinationsaufgaben übernehmen Hauptamtsleiterin Anette Reich (Vorgänger Helmut Braun) und Sachbearbeiterin Ana-Sophie Walter, als Nachfolgerin von Vanessa Klump und Nadine Hartmann. Bei den Sitzungen im Rathaus werden die Ideen zusammengetragen, Programme und Projekte beschlossen und anstehende Vorhaben koordiniert. Gerade bei der Museumsbetreuung arbeiten Gemeinde und Ehrenamtliche eng zusammen. Seit der Eröffnung des Museums führt der Arbeitskreis regelmäßige Aktionsprogramme durch und übernimmt die Besucher-führungen.

Heimatforschung und Dokumentation ist ein intensiver Arbeitsbereich, wie die zahlreichen Publikationen in den letzten zwei Jahrzehnten bezeugen: 
2004  erschien das über 600 Seiten umfassende Heimatbuch „Damals und heute“  und 2007 das „Römische Kochbuch“ von Carmen Gehrlein im  Zusammenhang mit den Vorträgen über die Römerbesiedlung auf der Gemarkung.
Die Festschrift „850  Jahre St. Leon, Epochen auf dem Weg zur attraktiven Wohngemeinde“ (2007) ist eine Gemeinschaftsproduktion des Arbeitskreises. Sie gibt einen Einblick in die Vielfalt der Ortsgeschichte:  Der Lehrer und die Römerscherben – Das Leben  der Bauern um 1150 – Fehden und Kriege durch die Jahrhunderte – Alte Handwerksberufe – Eine Reise durch die Tabakkultur – Der Spargel, ein königliches Gemüse  – Das erste Rathaus in St. Leon- , um nur einige Themen zu nennen.

Die Broschüre „525 Jahre Sauerkrautmarkt“ (2007)-, Autorin Carmen Gehrlein- informiert über die Ersterwähnung des Marktes und über den Markt  im Wandel der Zeit. Der Sauerkrautmarkt war zur Zeit des Hanf- und Flachsanbaus ein bedeutender „Hanf- und Gespinnselmarkt“. Heute zieht der Krämermarkt Anfang  November Tausende von Besuchern an.

Die Broschüre „St. Leon-Rot: Straßen, Wege und Gassen“ (2008), Autor Kuno Schnader, erläutert die Ortsentwicklung und die Straßennamen in den alten Ortskernen und in den Neubaugebieten und vermittelt zudem Wissenswertes aus den Bereichen Poesie, Musik, Malerei Geschichte, Geographie  und aus der Pflanzen-,Tier- und Vogelwelt.

Die Dokumentation „Das Wundermädchen von Rot“ (2013), das 1 ½ Jahre lang jegliche Nahrung verweigerte und im 16. Jahrhundert in Europa Aufsehen erregte, beantwortet aufgrund intensiver Recherchen die Frage: Mythos, Wirklichkeit oder Wunder?  Autoren sind Kuno Schnader und Willi Steger unter Mitarbeit von Klaus Tropf ✝︎.

„St. Leon-Rot und seine Gemarkung“ (2013) nennt sich die Broschüre, die sämtliche alte und neue Flurnamen erfasst und ihre Herkunft und Sinndeutung erläutert. Auch der bedeutende Fund des Laren, das Grabensystem in der Kraichbachniederung, das Allmendwesen , die historischen Wegstrecken und die spektakulären Geldfunde in Rot sind thematisiert. Die Texte schrieben Willi Steger, Kuno Schnader, Gisela Felix, Roswitha Thome und Willi Laier. Die Redaktion übernahm Anette Reich.

„Frauenleben  im Mittelalter“ (2016) mit Texten von Dr. Alice Selinger, Gisela Felix, Willi Steger  und Kuno Schnader heißt die Schrift, die über Frauen im Kloster, das Leben der Bäuerinnen, Frauen im Handwerk und in der Heilkunst und berichtet in Verbindung mit dem Wundermädchen von Roth über die „Kräuterweiblein“ des Mittelalters.

„Macht und Pracht im Hochstift Speyer“ (2017) wurde als Begleitheft für die gleichnamige Ausstellung  konzipiert. Die Schrift gibt Auskunft über die Machtverhältnisse im Hochstift, aufgezeigt an den Gesetzen, Vorschriften, Willkürmaßnahmen, Gepflogenheiten und informiert über die Prachtbauten Residenzen, Schlösser und Burgen im Territorium des Hochstifts. Konzeption und Texte: Willi Steger und Kuno Schnader, Satz und Layout: Carmen Gehrlein

In der Festschrift der Parkringschule (2018), anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums,  hat der Arbeitskreis Heimatgeschichte das Kapitel über die Roter Schulgeschichte , die sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, übernommen. Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Hochstift Speyer, Schulvisitationen, die Stellung der Lehrer und die räumlichen Verhältnisse finden ebenso Erwähnung wie das Alte Rathaus, das früher auch gleichzeitig Schul- und Lehrerwohnhaus war.

Das „Fotobuch St. Leon-Rot“, (Texte: Kuno Schnader) enthält eine ausführliche Ortschronik, stellt Gebäude und Straßen unter dem Gesichtspunkt „früher und heute“ gegenüber und zeigt Bilder aus der Landwirtschaft und dem modernen St. Leon-Rot.

Die „Chronik der Kirchengemeinde St. Leo der Große – 800 Jahre Pfarrkirche sancti Leonis“ wurde ebenfalls 2019 vorgestellt. Die Festschrift, mit erstaunlicher Akribie erstellt, registriert über all die Jahrhunderte hinweg Jahr für Jahr alle wichtigen Ereignisse der Pfarrei St. Leo der Große und der Baugeschichte der Kirche. Autoren sind Willi Steger und Franz Stoll.

Am 01. April 2020 wurde zum 75. Jahrestag des deutschen Artillerieangriffs auf Rot auf der Grundlage der Befragung von 74 Zeitzeugen die 3. Auflage der Dokumentation „Der Tag des Schreckens“ herausgegeben. Die Recherchen über Vorgeschichte, Ursache und Wirkung des Artillerieangriffs  bestätigen den Tatbestand eines ungesühnten Kriegsverbrechens der in Rot stationierten Waffen-SS. Autor ist Kuno Schnader, Satz und Layout besorgte Carmen Gehrlein. Das SWR- Fernsehen und der Hörfunk berichteten jeweils über das schreckliche Ereignis.

Auch bei Fernsehbeiträgen (u.a. Landesschau Mobil: Portrait der Gemeinde und bei zwei Filmen zum deutschen Artillerieangriff auf Rot wirkten Aktive mit, erstellten zudem Audioguides und Hörszenen (Der „Huldigungsritt des Bischofs“, „Das Wundermädchen von Rot“) und Handyführungen, verfassten sie zum Alten Rathaus und zur alten Schule Rot, zur dortigen Kirche St. Mauritius sowie zum Alten Rathaus St. Leon und zur Kirche St. Leo der Große. An diesen Aktionen beteiligten sich die Arbeitskreismitglieder Willi Steger, Gisela Felix, Emil Klevenz, Willi Laier, Kuno Schnader, Leo Klevenz ✝︎, Roswitha Thome und Agathe Helmling .

In nachhaltiger Erinnerung sind die sehr gut besuchten Mundart-Veranstaltungen unter Leitung von Emil Klevenz, assistiert von Hermann Tropf und Willi Steger. Besonders zu erwähnen ist hierbei die Wörter-sammlung von Hermann Tropf „ Wie d´ Sand Leener unn d´ Roder schwetze unn g´schwetzt hewe“ mit über 2200 mundartlichen Begriffen und Redewendungen.  Als Vorgabe hat der Autor eine Gliederung gewählt, die es ihm ermöglichte, neben der eigentlichen Wortsammlung die verschiedenen Arten der Mundart  exemplarisch darzustellen. Thematisiert sind dabei auch die geringen sprachlichen Unterschiede zwischen beiden Ortsteilen. (Siehe Internet unter: http/www.hermanntropf.de/mundart.)

Die Mundartabende, bei denen sich auch die verstorbene Ruth Laier verdient machte, haben nicht nur die aus den Sammlungen mehrerer Zuträger zusammengesetzte Wortsammlung von Hermann Tropf wesentlich bereichert, sondern stets auch heimatgeschichtliche Themen beleuchtet: „Von der Frauenarbeit in der Zigarrenfabrik“, „Den Klängen des Ambosses nachgespürt“, „Der Duwak bringt Geld ins Haus“, „Von der Sichel zum Volldrescher“ u.a. waren die Themen, die jeweils den großen Saal des Feuerwehrhauses bis auf den letzten Platz füllten und die Besucher mit ihren Beiträgen zu Akteuren werden ließen.

Im Jahresprogramm des Arbeitskreises ist der bundesweite „Tag des offenen Denkmals“ fester Termin, an dem man sich mit Führungen und Vorträgen beteiligte und  dabei z.B. in die Pfarrkirchen, in die Kramer- Mühle St. Leon, in die Alten Rathäuser und zu den Kriegerdenkmälern einlud.
Im Sommer stand die Teilnahme am Ferienspaß der Gemeinde für Kinder mit Museumsbesuchen und Museumsaktionen an, zudem unternahm man Radtouren und lud zu Kochkursen ein.

Eine besondere Stellung nimmt, wie eingangs erwähnt, die Museumsarbeit ein. So werden seit 2004 Sonderausstellungen, Vorträge, Vorführungen, Mitmachaktionen und Museumsführungen angeboten, wobei sich der zeitliche Rahmen der Themen von der Römerzeit (Der Lehrer und die Römerscherben) über „Frauenleben im Mittelalter,“ , „Faszination Bügeleisen“, „Faszination Buch“, „Das Roter Schatzungsbuch“, „Marktvogt, Landsknecht und Bauersleut“, „Macht und Pracht im Hochstift Speyer“, „Fliegerschicksale und Flugzeugabstürze über der Gemarkung  St. Leon-Rot und in der Region“ „Das Wundermädchen von Roth“, „Das Bäckerhandwerk früher und heute,  u.a. bis in die Gegenwart („50 Jahre Gemeindenachrichten“) erstreckt.

Für das Jubiläumsjahr „20 Jahre Arbeitskreis Heimatgeschichte“ haben Carmen Gehrlein und Gisela Felix bereits die Ausstellung “STEP BY STEP: Vom Gerben, Schuhmachen und der Evolution des Schuhs – Blick auf ein bedrohtes Handwerk“ vorbereitet. Die Jubiläumsveranstaltung  muss jedoch aufgrund der Covid-19 Situation- verschoben werden.  Die Ausstellung, auf die sich die Besucher freuen dürfen, vermittelt einen interessanten Einblick in die manuelle und maschinelle Schuhproduktion, angefangen vom mit Tierfellen umwickelten Fuß in der Steinzeit, über die Römersandale bis zum modernen Damen- und Herrenschuh.

Innerhalb der Heimatforschung und Dokumentation waren bisher vor allem Kuno Schnader und Willi Steger aktiv. Sie wurden dabei von den Layout-Experten Carmen Gehrlein und Franz Stoll und von Gisela Felix, Roswitha Thome und Willi Laier unterstützt. Im Bereich des Lektorats waren Wilhelm Mertel, Roswitha Thome, Heidemarie Tischhäuser und Willi Laier gefordert und mit der Mundart und Brauchtum befassten sich Emil Klevenz und Agathe Helmling. Zuständig im Museum für die technischen Geräte war Konrad Kamuf und beim Ferienspaß betätigten sich Leo Klevenz ✝︎, Wilhelm Mertel, Emil Klevenz, Gisela Felix, Heidemarie Tischhäuser, Agathe Helmling und Carmen Gehrlein, die auch Sonderausstellungen organisierte. Die umfangreiche Bestandsliste des ArbeitskreisesHeimatgeschichte enthält auch Hinweise auf eine Reihe nicht veröffentlichter historischer Aufsätze über Ereignisse und Fakten, die bisher nicht bekannt waren.

Die aktiven Mitglieder des Arbeitskreises Heimatgeschichte Barbara Neck, Ruth Laier, Karl Froschauer und Leo Klevenz sind verstorben. Ihre Verdienste um die Heimatpflege sind nicht vergessen.
Neu hinzugekommen sind Dennis Herzog, Sandro Keilbach, Erich Heger (St. Leon) und Elisabeth Kneis (Rot). Den künftigen Mitgliedern des Arbeitskreises ist es vorbehalten, sich dafür einzusetzen, dass bei der Neugestaltung des Mühlen-Areals der museale Charakter und der historische Aspekt der früheren Getreide- und Ölmühle entsprechend berücksichtigt werden.

Autor: Kuno Schnader

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