Rudolf Steger – Maler, Fotograf und Poet

Rudolf Steger

Rudolf Steger wurde als Sohn des Bürgermeisters Gottfried Steger am 11. März 1871 in St. Leon geboren. Sein Vater betrieb eine Holzhandlung. Seine Mutter besaß bei der Schmiede des Anton Fuchs eine kleine Kolonialwarenhandlung. So konnten es sich die Eltern finanziell erlauben, ihre beiden Söhne, Rudolf und Hermann, nach Bruchsal aufs Gymnasium zu schicken. Dort fiel das künstlerische Talent von Rudolf bald auf. Eine von ihm gemalte Karikatur des Schuldirektors machte unter den Schülern die Runde. Sie fiel den Lehrern in die Hände und war anscheinend so treffend gezeichnet, dass die beiden Steger die Schule verlassen mussten. Danach besuchten sie noch eine Schule in der Schweiz. Aber der Wunsch ihrer Mutter, zwei Geistliche zu bekommen, ging nicht in Erfüllung. Auf die Frage der Nachbarn und Freunde, was denn ihre Söhne nun machen, gab sie zur Antwort:

“Ich hebb g’moant, ich krieg zwee Parre, jetzt hew i groad zwee Narre!”

Nach seinem Studium als Kunstmaler in Karlsruhe ging Rudolf 1893 im jugendlichen Alter von 22 Jahren in die Burenrepublik Transvaal/Südfrika und ließ sich in der dortigen Hauptstadt Pretoria als Fotograf nieder. Viele Holländer und Deutsche hatten sich dort angesiedelt, die meisten lebten im Glück und Wohlstand von ihren Viehherden und Gold- oder Silberminen. Rudolf Steger war beliebter Leiter einer deutschen Kolonie, bis der Burenaufstand losbrach, an dem er von 1899-1902 als Sanitäter auf der Seite der Buren teilnahm. Der zweite Burenkrieg endete mit der Eingliederung des Burenstaates ins britische Imperium. Rudolf kam Ende 1900 nach Hause und erzählte den St. Leonern viel. Geradezu berühmt waren seine Freigiebigkeit und die Feste, die er für seine Freunde veranstaltete.

Die „Heidelberger Zeitung“ berichtet in der Ausgabe vom 19. Dezember 1900 über einen Vortrag in Wiesloch, veranstaltet vom „Arbeiterbildungsverein“ über den Gastredner Rudolf Steger folgendes: „Noch niemals hat wohl in unserem Städtchen eine ähnliche Versammlung stattgefunden. Es war gelungen, Herrn Rudolf Steger von St. Leon zu einem Vortrag über die Buren und den Burenkrieg zu gewinnen. Der große Saal war mit bis zu 600 Personen zum Erdrücken voll…“. In der dreistündigen Veranstaltung spricht Rudolf Steger über seine Erfahrungen, Erlebnisse und als Teilnehmer im Burenkrieg im deutschen Corps.

Rückseite Fotokarton

1903 reiste er wieder zurück nach Südafrika. Er wurde nicht glücklich, obwohl er in Pretoria ein angesehener Mann war. Dort hatte er sich mit einer Engländerin verehelicht und betrieb ein fotografisches Atelier. Fotografiert hatte er jedoch nicht nur Südafrikaner, sondern auch viele seiner Landsleute in St. Leon. Bei späteren Renovierungsarbeiten im Gasthaus “Zum Löwen” wurde hinter einer zutapezierten Tür ein ganzes Archiv mit vielen Bildern von Rudolf Steger gefunden und leider zum Müll geworfen. Seine Eindrücke von Afrika teilte er in unzähligen Briefen mit, aber fast alle diese Briefe sind verschollen. Er war mit dem Heimatforscher Ferdinand Knoch (siehe Artikel in den Gemeindenachrichten vom 17. Juli 2020) eng befreundet. Die Sehnsucht nach seiner geliebten Heimat hat er in einigen erhaltenen Gedichten, die er für den Pfälzer Boten in Heidelberg schrieb, ausgedrückt.

Rudolf Steger nach 1920

Im Ersten Weltkrieg wurde Rudolf Steger von den Engländern in Südafrika interniert und bei einem Überfall auf seine Person übel zugerichtet. Von diesem Angriff hat sich Rudolf Steger nie mehr richtig erholt. Nach diesem Krieg und verschiedenen Rechtsprozessen bekam er eine Entschädigung von umgerechnet ca. 10.000 Reichsmark. Davon hätte er sich in Deutschland ein Geschäft kaufen sollen. Es kam anders: Bald verließ ihn seine Frau und auch der wirtschaftliche Ruin blieb ihm nicht erspart. Verarmt und krank, voller Sehnsucht und Heimweh starb er Ende 1943 im Medical Hospital in Pretoria. Seinen damaligen Zustand schildert er selbst sehr treffend in seinem letzten Gedicht vom 12.07.1933: „So zähl ich Jahre, zähle Tage, in reuevoller Heimwehplage. Manch Schiff fährt meiner Heimat zu, ruft mich, doch komm ich nie dazu. Bald stirbt im Land der Neger, der arme Rudolf Steger. „

Literatur:
Dr. Hans-Peter Post † in: Heimatbuch St. Leon-Rot – Damals und heute 2004
Bearbeitet: W. Steger Arbeitskreis Heimatgeschichte
Bildredaktion: Franz Stoll Arbeitskreis Heimatgeschichte

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