Die ehemaligen mittelalterlichen Zollstellen, Wehr- und Ortsbefestigungen in St. Leon

Der mittelalterliche Grundriss des Dorfes St. Leon stellt den Ort mit zwei Längsstraßen dar. Er zeigt im Norden die bei der Niederung (Kraichbach) entlang ziehende schmale Hintergasse mit ihren Quergassen. Dort befanden sich die grundherrlichen Höfe. An der breiten Hauptstraße (heute: Marktstraße), lagen die einheitlichen Hofreiten. Den Mittelteil der Hauptstraße (Marktstraße) prägten hauptsächlich Bauern- und Wirtshäuser.

Bild: GLA Karlsruhe – Grundriss St. Leon 18. Jahrhundert

An abgegangenen und zum Teil heute noch bestehende Wirtshäuser sind zu nennen: Gasthaus zur Krone, Ochsen, Lamm, Hirsch, Löwen, Pflug, Engel, Ritter, Adler, Rose, Post und Heimat.

Das Dorf hatte wahrscheinlich im 17. und 18. Jahrhundert noch drei Tore: In der Hintergasse, bei der Krone und zu Anfang der Kirrlacher Straße.  

Der Ort war außerdem mit einem Zaun (Holzpalisaden) und Graben (Wallgraben) befestigt. Auch nach der teilweisen Zerstörung durch die Franzosen zwischen 1689 und 1698 hat St. Leon seine alte Begrenzung bewahrt. Neugasse, Leopoldstraße (heute: Leostraße -ehemals Hintergasse) und Häuserlochstraße (heute: Häuserstraße) waren die frühesten Erweiterungsgebiete.

Bild: GLA Karlsruhe – Wildbannkarte 1548

Am Ausgang des Ortes in Richtung Rot stand am Kraichbach ein kurpfälzisches Zollhaus (Zollturm), das auf der pfälzischen Wildbannkarte von 1548 abgebildet ist. Auch im „Heiserloch“ stand ein kurpfälzisches Zollhaus.

Wie wichtig den Bischöfen von Speyer die Besitzungen in St. Leon waren, zeigt auch, dass Bischof Günter von Speyer 1159 einen Wirtschaftshof (sogenannte „Grangie“), der sich in seinem Eigentum befand, an das Kloster Maulbronn verschenkte. Dieser wurde 1177 unter päpstlichen Schutz gestellt. (s. a. WUB )

In seinem Buch „Der Kraichgau und seine Orte“ beschreibt Leopold Feigenbutz die weit ausgedehnten Adelshöfe und Besitzungen, die von ortsansässigen Rittern sogenannte Ministerialen (niederer Adel) oder Lehensleuten weiter verlehnt wurden. Er erwähnt die Besitzungen von Klöstern wie Weißenburg, Maulbronn sowie das Ritterstift Odenheim und kam dabei zur Erkenntnis, dass St. Leon 859 ein Kanonikerstift (Kloster zu St. Leon) besaß „und möchte darum schon zu jener Zeit ein nicht unbedeutender Ort im unteren Kraichgau gewesen sein“.

 Im „Inventarium“ der Gemeinde St. Leon in der Akte R 24 von 1799 sind ungefähr von der Hälfte der Gemeindebesitzungen noch 30 Hektar Ackerfläche dem Eigentum des „Kuntzheimer Hofguts“ und 53 Hektar Ackerfläche dem Besitz des Rußheimer Hofguts“ zugerechnet. Beide Höfe befanden sich in Adelsbesitz und später als Erbbestand der Gemeinde St. Leon.

Noch heute zeugen alte Flur- und Gewannnamen von alten Wehreinrichtungen bzw. Schutzeinrichtungen des mittelalterlichen Ortes St. Leon: z.B. „Wallgraben“ und „Bannzäune“ (Heute: Bahnzäune) geben darüber Auskunft.

Die Broschüre „Straßen, Wege, Gassen und ihre Namen“ vom Arbeitskreis Heimat-geschichte St. Leon – Rot, Gemeinde St. Leon-Rot 2008, gibt hierzu interessante Hinweise.

 

Gründe von Befestigungs- und Schutzanlagen und Zollstellen

Für den Bau und die Einrichtung von Wehranlagen, Schlagbäumen und Zollhäusern an den Grenzen der jeweiligen Hoheitsgebiete gab es im Mittelalter verschiedene Gründe:

Die Wehranlagen schützten vor unliebsamen Eindringlingen, und an den Zollstellen erhob man die Wegzölle für Durchreisende.

Die Gemarkung St .Leon (Hoheitsgebiet des Hochstifts Speyer) grenzte im Norden an die Kurpfalz. Reilingen und Walldorf waren kurpfälzisch. Wer von einem Hoheitsgebiet in ein anderes reisen wollte, musste Wegzölle bezahlen. Die Wegzölle waren sowohl für Reisende als auch für Fuhrwerke, Kutschen und Karren verbindlich.

In westlicher Richtung lag – an die St. Leoner Gemarkung angrenzend – Lußheim (heute: Alt- und Neulußheim), die zeitweise auch württembergische Exklaven waren. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der Standort eines Zollhauses im „Heiserloch“.

Am Ortsausgang in Richtung Rot stand am Kraichbach der kurpfälzische Zollturm, wie er auf der Wildbannkarte von 1548 abgebildet ist. Er dient als Zollstelle Richtung Walldorf und somit in die Kurpfalz.

Weiterhin gab es die Möglichkeit, sich an den Zollstellen im Rahmen des mittelalterlichen „Geleitwesen“ die Sicherheit auf der Reise zu erkaufen. Das Geleitrecht lag immer in den Händen des Eigentümers der Straßen und Wege. Der Besitzer der Straßen und Wege hatte für die Sicherheit der Reisenden zu sorgen. Die Reisenden zahlten ihren Obolus und wurden von Reitern oder auch Knechten auf dem Weg des jeweiligen herrschaftlichen Besitzers begleitet und geleitet.

Daneben gab es noch die so genannten „Wehrzölle“. Diese dienten überwiegend zur Sicherung von Heer- und Handelsstraßen. Zölle aller Art waren also für die „Herrschaften“ Jahrhunderte lang eine wichtige Einnahmequelle.

Historische Hinweise

Alte Handelsstraßen, so genannte „Altstraßen“ oder „Alte Straße“ und auch eine „Römerstraße“ führte durch den Ort St. Leon oder tangierten in Ortsnähe.

  • Die Straße der römischen Befestigungslinie Wersau- Kislau- Rüppur nahm ihren Weg durch St. Leon.
  • Der „Herdweg“ (Heerweg) deutet ebenfalls auf diese Verbindung hin wie … die „alte straße  bi dem Huser weg“. 
  • den alten St. Leonern ist das „Hühnerwegl“ noch in Erinnerun (Wikipedia deutet Hühnerweg als „Hünerweg“. Er soll ein keltischer, unbefestigter Verbindungsweg gewesen sein).
  • die Begriffe Schloßbuckel, Sträßleweg, sowie auch ausgedehnte römische Gebäude auf dem „Schloßbuckel“ (heute Golfplatz), Mauerwerke auf dem „Speyerer Grün“, Villa im Gewann „Hünerwegle“ und Scherben in der Nähe des „Herdweges“ deuten auf römische und auch keltische Besiedlung hin. (Aus: Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden, Herausgeber Bad. Hist. Kommission, Albert Krüger , Heidelberg 1905 Seite 760 ff.)


Autor: Willi Steger

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